Die Gräuel von Butscha im russischen Krieg gegen die Ukraine feuern die weltweite Debatte an: Was tun gegen Moskau? Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg erfahren Sie hier im News-Ticker.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert wegen der Kriegsgräuel von Butscha noch härtere Sanktionen des Westens gegen Russland. Diese müssten der Schwere der "Kriegsverbrechen" angemessen sein, sagte Selenskyj in der Nacht zum Mittwoch. Die US-Regierung befürchtet die Entdeckung weiterer Untaten und plant bereits weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau, darunter ein Investitionsverbot. Europa erwägt einen Importstopp für Kohle und damit erstmals ein Teilembargo gegen russische Energie.
FOTOS: Über sechs Wochen Krieg in der Ukraine Russlands verheerende Angriffe auf die Ukraine in Bildern
Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew hatten Aufnahmen von Leichen auf den Straßen des Vororts Butscha international für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine macht russische Truppen für die Gräueltaten verantwortlich. Moskau bestreitet die Vorwürfe und spricht von einer Inszenierung, allerdings ohne Beweise oder Belege.
Ukraine-Krieg, Tag 42 im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse am 06.04.2022 im Überblick +++ Keine Stellungnahme geplant: Angela Merkel schweigt zu Russland-Politik +++Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant derzeit trotz wiederholter Aufforderungen keine weiteren öffentlichen Äußerungen zu ihrer Russlandpolitik. Die bisherigen schriftlichen Stellungnahmen Merkels in diesem Zusammenhang "haben unverändert Gültigkeit. Deshalb ist eine darüber hinausgehende öffentliche Äußerung der Bundeskanzlerin a.D. derzeit nicht geplant", teilte eine Sprecherin Merkels der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Mittwoch auf Anfrage mit.
Zugleich erklärte die Sprecherin, die Rückkehr Merkels von einem privaten Italienaufenthalt sei für diesen Montag geplant. Weitere Informationen gab es nicht. Die Zeitung "La Nazione" hatte Fotos veröffentlicht, die die 67-jährige CDU-Politikerin in Florenz in der Toskana zeigten. Darauf zu sehen ist auch ihre Vertraute und Parteifreundin Annette Schavan, die frühere Botschafterin am Heiligen Stuhl und Ex-Bildungsministerin. Laut "La Nazione" hatte Merkel die Galleria dell'Accademia besucht, wo die berühmte Skulptur "David" von Michelangelo steht.
Merkel hatte den russischen Angriff auf die Ukraine am 25. Februar in einer schriftlichen Erklärung scharf verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Olaf Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen. "Dieser Angriffskrieg Russlands markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des Kalten Krieges", erklärte Merkel damals auf dpa-Anfrage. "Für diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts gibt es keinerlei Rechtfertigung, ich verurteile ihn auf das Schärfste." Sie betonte: "Meine Gedanken und meine Solidarität sind in diesen furchtbaren Stunden und Tagen beim ukrainischen Volk und bei der Regierung unter Führung von Präsident (Wolodymyr) Selenskyj".
Am vergangenen Montag stellte sich Merkel trotz massiver Kritik Selenskyjs hinter die Entscheidung, die Ukraine 2008 nicht in die Nato aufzunehmen. Merkels Sprecherin hatte in diesem Zusammenhang am Montag erklärt: "Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.."
+++ EU-Parlamentsvize Barley erwartet auch Importstopp für russisches Öl +++EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley erwartet nicht nur einen EU-Importstopp für Kohle, sondern auch für Öl aus Russland. Dies sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im "ZDF-Morgenmagazin". Auf die Frage, ob das von der EU-Kommission vorgeschlagene Embargo gegen russisches Kohle kommen werde, antwortete sie: "Ich bin sicher, dass er kommen wird und auf absehbare Zeit wahrscheinlich auch noch mehr." Sie fügte hinzu: "Öl wird auch, denke ich, relativ schnell kommen."
Ein Einfuhrstopp für russisches Gas wäre hingegen schwierig, sagte Barley. Damit hätte nicht nur Deutschland ein Problem, sondern auch andere Länder. Einige erwarteten dann, von Deutschland - der größten Volkswirtschaft der Europäischen Union - aufgefangen zu werden. "Das ist eine etwas schräge Diskussion", fügte Barley hinzu.
Die EU-Parlamentarierin erwartet auch weitere Waffenlieferungen aus der EU an die Ukraine. Entsprechende Listen würden nicht öffentlich kommuniziert. "Aber wichtig ist, es muss schnell gehen", sagte Barley. Die Ukraine brauche die Waffen jetzt.
Die EU-Kommission hatte am Dienstag einen Vorschlag für ein umfangreiches Paket mit neuen Russland-Sanktionen vorgestellt. Es enthält nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter anderem ein Importverbot für Kohle aus Russland, eine Hafensperre für russische Schiffe sowie weitere Handelsbeschränkungen.
Ob die Sanktionen wie vorgeschlagen verhängt werden, müssen die 27 EU-Staaten entscheiden. Am Vormittag treffen sich deren ständige Vertreter in Brüssel.
+++ Mehrere Flughäfen in Südrussland bleiben bis 13. April geschlossen +++Wegen des Krieges in der Ukraine haben Russlands Behörden die Flugverbote im Süden des eigenen Landes zum siebten Mal verlängert - diesmal bis zum 13. April. Insgesamt elf Flughäfen blieben weiterhin gesperrt, darunter der im Schwarzmeer-Kurort Anapa, in Rostow am Don und in der Großstadt Krasnodar, teilte die Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Mittwoch mit. Auch die Flughäfen von Gelendschik, Woronesch sowie in Simferopol auf der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind demnach weiter von Luftraumbeschränkungen betroffen. Die Verbote, die eigentlich an diesem Donnerstag hätten enden sollen, gelten den Angaben zufolge bis 13. April, 2.45 Uhr MESZ.
In der bei Touristen beliebten Stadt Sotschi am Schwarzen Meer läuft der Flugbetrieb nach offiziellen Angaben weiter. Die Behörden empfahlen, für Reisen in die südlichen Regionen neben Sotschi die Flughäfen in Wolgograd und Mineralnyje Wody zu nutzen.
Russland hatte nach der Invasion in die Ukraine am 24. Februar mehrere südrussische Airports geschlossen und die Flugverbote immer wieder verlängert. Ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist bisher nicht in Sicht.
+++ Radfahrer abgeschossen! Zeitung veröffentlicht Schock-Videoaufnahme +++Die "New York Times" veröffentlichte in der Nacht von ihr verifizierte Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende Februar - kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die Militärverwaltung von Homostel - eines Nachbarorts von Butscha - erklärte laut lokalen Medien, dort würden nach der russischen Besatzung rund 400 Bewohner vermisst. Mehrere Bewohner von Hostomel seien auch in Butscha gefunden worden.
Aus Sicht der US-Regierung sind die Gräueltaten von Butscha womöglich nur "die Spitze des Eisbergs". In Gebieten in der Ukraine, zu denen es noch keinen Zugang gebe, hätten russische Truppen "wahrscheinlich auch Gräueltaten begangen", sagte Regierungssprecherin Jen Psaki.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Staatsoberhaupt Selenskyj Unterstützung für die Aufklärung der Gräueltaten zu, unter anderem in Form einer Sonderzahlung an den Internationalen Strafgerichtshof. In dem Telefonat redeten die beiden Präsidenten auch über Vergewaltigungen, die russische Soldaten in der Ukraine begangen haben sollen, wie es aus der französischen Regierung hieß.
+++ Wieder Explosionen in Lwiw +++Selenskyj sagte einer in der Nacht verbreiteten Videobotschaft, die ukrainischen Streitkräfte hielten die meisten Gebiete, in die Russland versucht habe vorzudringen. Am schwierigsten sei die Lage im Donbass und im Gebiet Charkiw im Osten des Landes. Russland sei zudem dabei, mehr Truppen für eine neue Offensive in die Ukraine zu schicken. Ukrainische Medien berichteten in der Nacht über Explosionen in den Gebieten Lwiw (Lemberg) im Westen und Dnipropetrowsk im Südosten des Landes. Informationen über Opfer oder Schäden gab es aber vorerst nicht.
Am Dienstag war es nach Angaben aus Kiew gelungen, 3.800 Menschen aus umkämpften Gebieten zu retten, darunter rund 2.200 Menschen aus der größtenteils zerstörten Stadt Mariupol und dem nahen Berdjansk. Das russische Verteidigungsministerium meldete laut Agentur Tass, binnen 24 Stunden seien mehr als 18.600 Menschen aus "gefährlichen Bezirken" der Ukraine, der Region Luhansk und Donezk gerettet worden. Zugleich kündigte das Verteidigungsministerium weitere Gefechte um Mariupol an, da die Ukraine Aufforderungen zum Abzug ignoriere.
+++ Lawrow warnt vor Sabotage der Verhandlungen mit Russland +++Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte die Ukraine vor einer Sabotage der Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew für eine Ende der Kämpfe. Russland werde sich nicht auf ein "Katz-und-Maus-Spiel" einlassen wie in den vergangenen Jahren bei dem Friedensplan für die Ostukraine, sagte Lawrow in einem von seinem Ministerium verbreiteten Video. Er meinte zudem, die Lage in Butscha werde benutzt, um von den Verhandlungen abzulenken.
+++ USA: Werden alle Investitionen in Russland verbieten +++Der Westen bereitet wegen der Kriegsgräuel neue Strafmaßnahmen gegen Moskau vor. US-Regierungssprecherin Psaki sprach nicht nur von einem Verbot aller neuen Investitionen in Russland. Zudem sollen bestehende Sanktionen gegen russische Banken und staatliche Unternehmen verschärft und weitere Personen aus der russischen Führung und deren Familienmitglieder mit Strafmaßnahmen belegt werden. Die Sanktionen würden in enger Abstimmung mit den Partnern in Europa und den übrigen Staaten der G7-Gruppe eingeführt.
Die EU-Kommission hatte am Mittwoch erstmals auch einen Importstopp für russische Kohle vorgeschlagen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck signalisierte Zustimmung, obwohl sich Deutschland bisher aus Furcht vor wirtschaftlichen Turbulenzen gegen ein sofortiges Embargo gegen russische Energieimporte gewandt hatte.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie stellte sich hinter neue Sanktionspläne. "Die Gräueltaten in Butscha verlangen nach einer entschiedenen, unmissverständlichen Reaktion des Westens", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm der Deutschen Presse-Agentur. Die Umsetzung eines Kohleembargos sei aber nicht einfach.
+++ Klingbeil: Weitere Waffenlieferungen an Ukraine prüfen +++SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich für ein Kohleembargo aus und kündigte an, die Bundesregierung werde auch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine prüfen. "Wir haben gerade in diesen Tagen gesehen, was Putin für ein furchtbarer Kriegsverbrecher ist, das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben", sagte Klingbeil in der Sendung "RTL Direkt" am Dienstagabend. Es müsse in großem Tempo geprüft werden, was noch geliefert werden könne.
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fka/news.de/dpa
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