Gräueltaten in Butscha: Ukraine veröffentlicht Liste mit Namen russischer Soldaten


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  • Erstellt: 06.04.2022Aktualisiert: 06.04.2022, 09:30 Uhr

    Von: Tobias Utz, Karolin Schäfer, Isabel Wetzel, Katja Thorwarth, Tanja Banner

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    Nach den Morden in Butscha droht die Ukraine mit Vergeltung. Ein Video soll die russischen Kriegsverbrechen belegen â€" die Lage im News-Ticker. 

  • Im Ukraine-Krieg* werden Hunderte von der russischen Armee in einem Vorort von Kiew* getötet. Präsident Selenskyj spricht von „Völkermord“.
  • Kreml-Chef Wladimir Putin* streitet die Verantwortung von Russland ab.
  • Alles zum Kriegsverbrechen im Ukraine-Konflikt lesen Sie hier im News-Ticker.
  • +++ 09.00 Uhr: Wie die BBC berichtet, schätzt der Bürgermeister von Butscha, dass 320 Zivilisten von russischen Streitkräften getötet wurden. Anatoly Fedoruk sagte in einem TV-Interview am Dienstag (05.04.2022), dass er auch persönlich Zeuge der Ermordung mehrerer Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt durch russische Streitkräfte während ihrer Besetzung gewesen sei.

    Zwei Techniker versuchen das Internet in Butscha zu reparieren. Die Gräueltaten sind laut Selenskyj kein Einzelfall. © Rodrigo Abd/AP/dpa Gräueltaten in Butscha: Ukraine veröffentlicht Liste mit Namen russischer Soldaten

    +++ 08.45 Uhr: Das Verteidigungsministerium der Ukraine hat eine Liste mit Namen russischer Soldaten, die an den Gräueltaten in Butscha beteiligt gewesen sein sollen, auf Facebook und Telegram veröffentlicht. Im Statement hieß es unter anderem: „Alle Ukrainer sollten ihre Namen kennen.“ Demnach gehören die knapp 100 Soldaten zur 64. Einheit der motorisierten Schützenbrigade der russischen Armee. Dass eine solche Liste existiert ließ der ukrainische Geheimdienst laut übereinstimmenden Medienberichten bereits am Montag (04.04.2022) durchsickern. Bislang ist jedoch unklar, ob die auf der Liste geführten Soldaten tatsächlich in Butscha nahe Kiew stationiert und an den Kriegsverbrechen beteiligt waren. Die Informationen der ukrainischen Regierung lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

    Update vom Mittwoch, 06.04.2022, 07.15 Uhr: Die New York Times veröffentlichte in der Nacht von ihr verifizierte Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende Februar - kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die Militärverwaltung von Homostel - eines Nachbarorts von Butscha - erklärte laut lokalen Medien, dort würden nach der russischen Besatzung rund 400 Bewohner vermisst. Mehrere Bewohner von Hostomel seien auch in Butscha gefunden worden. Aus Sicht der US-Regierung sind die Gräueltaten von Butscha womöglich nur „die Spitze des Eisbergs“.

    Gräueltaten in Butscha: Bundestag und Nato kündigen weitere Sanktionen an

    +++ 20.52 Uhr: Der Bundestag sowie die Außenminister der Nato-Staaten haben angekündigt, am Mittwoch (06.04.2022) über die Gräueltaten an Zivilpersonen in der ukrainischen Stadt Butscha und über Reaktionen darauf zu beraten. Die Aktuelle Stunde war von der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP* beantragt worden.

    Butscha wurde Schauplatz verheerender Kriegsverbrechen durch Russland. Ein Video soll das belegen. © Efrem Lukatsky/AP/dpa

    In Butscha waren am Wochenende Hunderte Leichen entdeckt worden. Die Ukraine macht für das Massaker die russischen Truppen verantwortlich, die wenige Tage zuvor abgezogen waren. Moskau bestreitet die Vorwürfe. Die Bundesregierung sieht in den Taten ein Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte und setzt sich dafür ein, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Neben einer Verschärfung der EU-Sanktionen sollen demnach auch die Waffenlieferungen in die Ukraine ausgeweitet werden.

    Die Reaktionen aus Europa sind für Russland aber bereits heute deutlich spürbar: Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind innerhalb der vergangenen 48 Stunden mehr als 200 russische Diplomaten aus europäischen Staaten ausgewiesen worden.

    „Nur eines von vielen Beispielen“: Gräueltaten in Butscha laut Selenskyj kein Einzelfall

    +++ 20.00 Uhr: Die Gräueltaten in Butscha sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kein Einzelfall. „Die Welt hat jetzt gesehen, was Russland in Butscha getan hat, aber die Welt hat noch nicht gesehen, was sie in anderen besetzten Städten und Regionen unseres Landes getan haben“, sagte Selenskyj vor dem UN-Sicherheitsrat.

    „Butcha ist leider nur eines von vielen Beispielen dafür, was die Besatzer getan haben“, sagte der ukrainische Präsident weiter. Es sei nicht anders als die Handlungen von anderen Terroristen und handele sich um die schlimmsten Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg. Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja sprach bei der Sitzung des Sicherheitsrats am Dienstag erneut von „unbegründeten Anschuldigungen“ gegen das russische Militär, die „von keinerlei Augenzeugen“ bestätigt worden seien. Es handele sich um eine „große Menge Lügen“ - im Gegenteil, das ukrainische Militär nutze Zivilisten als menschliche Schutzschilde.

    Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha â€" Russisches Militär verteilt Orden „für Tapferkeit“

    +++ 12.00 Uhr: In Russland wird die „Militär-Operation“ in der Ukraine, insbesondere die „Säuberung“ von Orten wie Butscha, durch Medien gefeiert. Dabei wird beispielsweise wiederholt, was die russische Botschaft in Deutschland bereits bekannt gegeben hat. Die Vorwürfe angeblicher Kriegsverbrechen seien reine „Anschuldigungen“ (s. Update v. 11.15 Uhr). Derweil hat das russische Militär Orden „für Tapferkeit“ an Truppen, die in Butscha stationiert waren, verteilt.*

    Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha â€" Folterkammer entdeckt

    +++ 06.30 Uhr: Wie das Nachrichtenportal Kyiv Independent berichtet, wurden russische Folterkammern im Keller des Kinderheilzentrums in Butscha entdeckt. Erste Berichte dazu kursierten bereits am Montagnachmittag (s. Update v. 04.04.2022, 16.45 Uhr). Demnach seien Im Keller die Leichen von fünf ermordeten Männern gefunden worden. Ihre Hände seien gefesselt gewesen und sie scheinen gefoltert worden zu sein. Als Quelle ist die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine genannt.

    Update vom Dienstag, 05.04.2022, 03.25 Uhr: Am Montag (04.04.2022) veröffentlichte US-Satellitenbilder bestätigen, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben. Die „hochauflösenden“ Bilder „bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen“, erklärte ein Sprecher der US-Satellitenbildfirma Maxar Technologies.

    Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden. AFP-Fotografen hatten bei einem Besuch am vergangenen Samstag rund 20 Leichen in Zivilkleidung gesehen - einige davon mit gefesselten Händen.

    Die New York Times verglich die Satellitenbilder mit diversen Aufnahmen von ukrainischen Beamten und internationalen Medien und bestätigte, dass einige der Leichen sich bereits Wochen vor dem russischen Abzug in der gezeigten Position befunden hatten. Das russische Verteidigungsministerium hatte die Bilder als „Fälschungen“ bezeichnet.

    Gräueltaten in Butscha: Russland spricht von „Videofälschungen und Fakes“ im Ukraine-Krieg

    +++ 13.00 Uhr: Russland hat jegliche Verantwortung für die Tötung der Zivilbevölkerung im Kiewer Vorort Butscha bestritten. „Wir weisen alle Anschuldigungen kategorisch zurück“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalistinnen und Journalisten. Die von der Ukraine als Beweise für ein Massaker während der russischen Besatzung des Ortes präsentierten Aufnahmen seien gefälscht worden.

    Fachleute des russischen Verteidigungsministeriums hätten Anzeichen für „Videofälschungen“ und „Fakes“ entdeckt, sagte Peskow. „Nach dem zu urteilen, was wir gesehen haben, kann man diesen Videobildern nicht trauen.“ Der Kreml-Sprecher forderte ausländische Politiker auf, keine „voreiligen Anschuldigungen“ gegen Moskau zu erheben und „zumindest die russischen Argumente anzuhören“.

    Russische Ermittlungsbehörden kündigten außerdem Untersuchungen zu den von der Ukraine verbreiteten Aufnahmen aus Butscha an. Diese entsprächen nach Auffassung des russischen Militärs „nicht der Realität“, sagte der Chef des russischen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin. Sie seien an westliche Medien weitergegeben worden, „um das russische Militär zu diskreditieren“. 

    Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha â€" SPD-Chef Klingbeil lehnt Embargo ab

    +++ 06.25 Uhr: SPD-Chef Lars Klingbeil bleibt auch nach den bekanntgewordenen Tötungen von Zivilisten im ukrainischen Butscha bei der Ablehnung eines sofortigen Stopps des Energieimports aus Russland. Er halte trotz der schrecklichen Bilder „ein sofortiges Gas-Embargo aus vielen Gründen für einen falschen Weg“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“.* Der bayerische Ministerpräsident, CSU-Chef Markus Söder, teilte dort diese Position und wies darauf hin, dass sich Russland bereits andere Abnehmer suche, etwa Indien.

    „Wir drehen gerade jeden Tag den Gashahn ein Stück weiter zu“, erklärte Klingbeil. Einen völligen Stopp von heute auf morgen zu machen, „da müssen wir bei aller Brutalität dieser Bilder und bei aller Emotionalität, die auch ich habe, da müssen wir über die Konsequenzen reden, die das für uns in Deutschland hätte.“

    Gräueltaten in Butscha: Russland fordert UN-Sitzung - „Provokation ukrainischer Radikaler“

    Update vom Montag, 04.04.2022, 05.00 Uhr: Russland hat angesichts des Vorwurfs von Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha für Montag eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Moskau habe die Sitzung wegen der „abscheulichen Provokationen ukrainischer Radikaler“ beantragt, erklärte der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanskij am Sonntag auf Twitter.

    Die russische Armee hatte sich kürzlich aus der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew zurückgezogen. Im Vorort Butscha wurden anschließend nach Angaben der ukrainischen Behörden hunderte Leichen von Zivilisten gefunden. Die Bilder und Videos aus dem Ort lösten international Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere westliche Vertreter warfen Moskau Kriegsverbrechen vor.

    Moskau dementierte die Tötung von Zivilisten durch russische Soldaten in Butscha. Der Kreml warf Kiew vor, die Aufnahmen der Leichen inszeniert zu haben.

    Gräueltaten in Butscha: Selenskyi lädt Angela Merkel ein

    Update, 20.00 Uhr: Nach dem Fund hunderter Leichen in der ukrainischen Stadt Butscha hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel* zu einer Reise in die Stadt eingeladen. In dem Kiewer Vorort könnten sich Merkel â€" ebenso wie der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy â€" ein Bild von ihrer gescheiterten Russland-Politik der vergangenen Jahre machen, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.

    Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten, darunter Deutschland, der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht, so Selenskyj. Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin. „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat“, sagte Selenskyj. „Sie werden die gefolterten Ukrainer und Ukrainerinnen mit eigenen Augen sehen.“

    Gräueltaten in Butscha: Selenskyj spricht von „Völkermord“, Scholz fordert Aufklärung

    Erstmeldung vom Sonntag, 03.04.2022, 14.35 Uhr: Kiew â€" Der Ukraine-Krieg bringt Leid, Zerstörung und Tod. Das Ausmaß der Gräueltaten zeigte sich zuletzt in Butscha, einer ukrainischen Stadt etwa 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew*. Die dramatischen Berichte sorgten international für Entsetzen.

    Das russische Militär hat sich in den vergangenen Tagen aus der Region Kiew zurückgezogen. Nach ukrainischen Angaben wurde die gesamte Region zurückerobert. Zurück blieben allerdings mit Leichen übersäte Straßen und völlige Zerstörung. Nach Informationen der ukrainischen Behörden wurden fast 300 Leichen gefunden, die in Massengräbern beerdigt werden mussten. Die drei städtischen Friedhöfe lägen noch im Bereich der russischen Streitkräfte.

    Reporterinnen und Reporter der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) berichteten, dass zahlreiche Toten zivile Kleidung getragen hätten. Sie sahen auf einer einzigen Straße in Butscha mindestens 20 Leichen. Einem Toten sollen sogar die Hände gefesselt worden sein.

    Massaker in Butscha: Scholz fordert „schonungslose“ Aufklärung

    EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich am Sonntag (03.04.2022) „erschüttert“ über Bilder aus der Pendlerstadt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock* (Grüne*) kündigte härtere Sanktionen gegen Russland* und weitere Unterstützung für das ukrainische Militär an. Die Bilder der „hemmungslosen Gewalt“ aus Butscha seien „unerträglich“, schrieb die Grünen-Politikerin beim Kurznachrichtendienst Twitter.

    Nach den Berichten aus Butscha hat Bundeskanzler Olaf Scholz* (SPD*) eine Aufklärung von „Verbrechen des russischen Militärs“ verlangt. Die Verbrechen müssten „schonungslos“ aufgeklärt werden, sagte Scholz am Sonntag in Berlin. Zudem müssten die Täter und ihre Auftraggeber „konsequent zur Rechenschaft gezogen werden“. (kas/tab/ktho/tu mit dpa/AFP) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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