Russland wolle die Ukraine mit allen Mitteln zermürben, sagt Sicherheitsexpertin Major im ZDF. Und: Dass die Nato ihre Ostflanke jetzt verstärkt, sei keine kurzzeitige Aktion.
Sicherheits- und Verteidigungsexpertin Claudia Major zu einer geforderten Schließung des Himmels über der Ukraine: "Wenn die Nato eingreifen würde, bestünde die Gefahr, in einen direkten Krieg mit Russland einzutreten."
Die aktuellen Meldungen, wonach es die ukrainische Armee geschafft haben soll, Territorien von der russischen Armee zurückzuerobern, sind nach Ansicht von Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, schwer einzuschätzen.
Hat sich die Ukraine Territorien zurückerobert?
Man wisse nie genau, aus welcher Quelle diese Meldungen kämen und deshalb könne man auch schwer einschätzen, wie ernst man sie nehmen könne.
Ich glaube, wenn man generell drauf guckt, dann sieht man, dass sich gerade an den Frontverläufen durch Angriffe relativ wenig bewegt, da ist es relativ stabil. Wir bleiben de facto in einer Situation, wo Russland versucht, das Land zu zermürben.
Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik
Tag 29 im Ukraine-Krieg - Nato warnt Russland vor Chemiewaffen-EinsatzIn Brüssel hat das Nato-Gipfeltreffen begonnen. Generalsekretär Stoltenberg warnt Russland nochmals eindringlich vor dem Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine.
Russland versuche das durch Angriffe auf Städte wie Mariupol. Diese würden eingekesselt, die russische Armee versuche durch die Angriffe auf wirtschaftliche und zivile Infrastrukturen die Ukraine zu zermürben. Das Ziel sei, dass das Land irgendwann beigebe und einen, "wie auch immer von Russland gewünschten Friedensvertrag" unterschreibe.
Major: Russische Zermürbung durch "Stellungskrieg"
Das sei die "grobe Dynamik" Russlands, so Major. Mit einer Art "Stellungskrieg" solle die Ukraine immer weiter "zermürbt werden".
Es sieht so aus, als hätte Russland entweder das Ziel, die Ukraine reinzuzwingen in so einen, ich nenne das Diktatfrieden, wo es die Bedingungen aufoktruiert. Oder den ukrainischen Präsidenten so destabilisiert, dass er innenpolitisch unter Druck kommt und Russland auch mehr Einspruch hat.
Claudia Major
Im Endeffekt bleibe es das russische Ziel, die Ukraine zu kontrollieren.
Waffenlieferungen aus anderen Staaten, wie auch aus Deutschland, helfen der Ukraine "enorm viel", sagt Major.
Wenn wir den Widerstand der Ukraine sehen, ist er so stark, auch weil die westlichen Staaten unterstützen.
Claudia Major
Die Ukraine wünsche sich zwar mehr, sagt die Expertin, aber es bleibe die Linie der Nato, "dass sie sagt, wir unterstützen, wir wollen aber nicht selbst aktive Kriegspartei werden". Die Sorge sei einfach zu groß, in einen großen Krieg gezogen zu werden.
Nato: Vorbereitung gegen Bio- oder Chemiewaffen-Angriffe
Von dem Nato-Treffen heute dürfe sich die Ukraine Unterstützung gegen biologische und chemische Waffen erhoffen.
Das sind beispielsweise Schutzausrüstungen oder auch Medikamente. Dass man sagt, falls so ein Angriff kommt, wovor die USA ja warnen, dass die Ukraine da gegebenenfalls auch vorbereitet wäre.
Claudia Major
Bislang halte sich die Nato an die Rote Linie und ihre Devise bleibe "wir unterstützen und so hart es auch ist, die Nato wird selbst nicht in der Ukraine eingreifen, sondern konzentriert sich auf die Kernaufgabe, nämlich die eigenen Alliierten zu verteidigen", sagt Major.
Expertin: Nato wird sich fundamental neu aufstellen
Das Ziel der Nato sei, sich langfristig neu aufzustellen. Nach Einschätzung des Atlantischen Bündnisses habe sich die "Lage in Europa fundamental verändert". Weil Russland Krieg führe und damit näher an das Territorium der Nato heranrücke, müsse sich diese auch anders aufstellen.
Und das heißt, die Flanken zu verstärken, also die gesamte Grenze zu Russland und der Ukraine. Also die baltischen Staaten, Polen, Slowakei, bis runter zum Schwarzen Meer mit mehr Truppen die permanent dort sind, mit schwerem Gerät, mit mehr Cyberabwehr, mit mehr Luft- und Seeraumüberwachung und mit mehr Raketenabwehr.
Claudia Major
Das bedeutet nach Meinung von Major: "Es ist wirklich eine langfristige Aufstellung, um de facto das Schutzversprechen der Nato ernst nehmen zu können. Und das lautet: Wenn einer angegriffen wird, dann sind wir da. Und wenn man das machen will, dann braucht man leider mehr."
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