Ukraine-Krieg Tag 36: Selensky zur Situation in der Ostukraine – russische Einheiten von Kiew abgezogen


Köln | Liveblog wird ständig aktualisiert | red, dts | Der ukrainische Präsident Selensky befürchtet eine neue Offenisve der russischen Streitkräfte in der Ostukraine. Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.

Russland zieht rund um Kiew Truppen ab

11:30 Uhr > Rund um Kiew zieht Russland seine Streitkräfte teilweise ab, so die Experten des Institute For The Study Of War (ISW). Seit 24 Stunden finden rund um Kiew keine Offensivoperationen der russischen Streitkräfte mehr statt. Es könne als wahrscheinlich angenommen werden, dass die Truppen nach Belarus verlegt werden und an anderen Orten oder Vormarschrouten eingesetzt werden. Dies würde sich mit der Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Selensky decken, der verstärkte militärische Operationen in der Ostukraine erwartet. Die Militärfachleute gehen davon aus, dass Russland aber seine bereits erreichten Stellungen um Kiew nicht aufgeben und den Beschuss der Stadt fortsetzen werde.

In den Oblasten Donezk und Luhansk sollen die ukrainischen Streitkräfte in den vergangenen 24 Stunden Angriffe abgewehrt haben. In Mariupol haben die Russen wahrscheinlich weitere Gebiete eingenommen. Nach wie vor wird davon ausgegangen, dass es den russischen Streitkräften gelingt Mariupol in den kommenden Tagen einzunehmen. Offen bleibt dabei wie hoch dort die russischen Verluste sind. Die ISW-Experten schätzen, dass eine Verlagerung von Kräften aus der Region Kiew in Richtung Donbass zu raschen Erfolgen der russischen Streitkräften in der Region Donbass führen wird. Rund um die Stadt Tschernihiw gibt es derzeit keine Absetzbewegung von russischen Truppenteilen. Einheiten der 20. Armee und der 1. Panzergrenadierarmee verlegen derzeit zur Unterstützung der russischen Operationen auf Izyum, werden die Stadt aber wahrscheinlich in naher Zukunft nicht einnehmen können.

Schwierig einzuschätzen ist die Frage der Verluste und des Ersatzes bei den russischen Streitkräften. Vor allem können die Meldungen, die es gibt und die zum Großteil vom ukrainischen Generalstab stammen, nicht unabhängig überprüft werden. So behauptet der ukrainische Generalstab, dass rei taktische Bataillonsgruppen (BTGs) mit bis zu 2.000 russischen und südossetischen Soldaten aus Russlands 4. und 7. Militärstützpunkt in Südossetien beziehungsweise Abchasien an nicht näher bezeichnete Orte in der Ukraine verlegt wurden. In sozialen Netzwerken wird von südossetischen Truppen in der Region Donbass berichtet. Die Ukraine behauptet zudem weiter, dass die russischen Streitkräfte Versorgungsprobleme haben und die Moral der Truppe zu wünschen übrig ließe. Zudem stellt die Ukraine die Behauptung auf, dass Russland Probleme bei der Produktion moderner Waffensystem habe, da durch die westlichen Sanktionen wichtige Teile fehlten, vor allem Elektronik. Auch diese Behauptungen lassen sich derzeit nicht überprüfen.

Frankreichs Wirtschaftsminister gegen neuen EU-Schuldenfonds   

9:59 Uhr > Frankreichs Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnt davor, zur Abfederung der Kriegsfolgen immer neue Hilfspakete für Haushalte und Unternehmen zu schnüren. Das treibe die Teuerung in die Höhe, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Man müssenaufpassen, dass man die Inflation nicht weiter anheize.

Einen zweiten EU-„Wiederaufbaufonds“ inklusive gemeinsamer europäischer Schuldenaufnahme lehnt Le Maire ab. Im bestehenden Fonds seien noch Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro vorhanden. „Lassen Sie uns ausgeben, was verfügbar ist, bevor wir einen neuen Finanzrahmen auf den Tisch legen.“

Seine Bilanz aus der ersten Erfahrung mit der gemeinsamen Schuldenaufnahme sei aber positiv. Auf die Frage, ob die gemeinsame Verschuldung einmalig bleiben oder dauerhaft möglich sein, antwortete Le Maire: „Als Erstes müssen wir unsere Bedürfnisse definieren, bevor wir über Finanzierungsmöglichkeiten nachdenken.“ Aus Sicht von Le Maire, der am Donnerstag in Berlin Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck trifft, sind Deutschland und Frankreich in den vergangenen Jahren stärker zusammengerückt.

„Frankreich ist auch ein bisschen deutsch geworden“, sagte er mit Verweis auf die Förderung der beruflichen Ausbildung und der Einführung des Kurzarbeitergeldes während der Coronakrise. Er lobte das deutsch-französische Manifest für eine Neubegründung der europäischen Industriepolitik. „Das ist eine kopernikanische Revolution durch zwei Galileos, Frankreich und Deutschland“, so Le Maire.

Auf die Frage, ob er den Deutschen rät, die Laufzeit ihrer Atomkraftwerke zu verlängern, antwortete der Minister: „Das muss die deutsche Regierung entscheiden.“ Die Energiepolitik werde von jedem Staat souverän entschieden. Le Maire nannte die Kernenergie aber „eine Zukunftsindustrie“, auf die viele Staaten zurückgreifen, um ihre CO2-Emissionen zu senken.

Zudem helfe sie dabei, die „totale Energieunabhängigkeit der EU in den nächsten Jahrzehnten aufzubauen“. Le Maires fünfjährige Amtszeit als französischer Finanz- und Wirtschaftsminister endet im April. Eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl in fünf Jahren schloss er gegenüber der FAZ nicht aus.

Einstweilen unterstützt er aber eine Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron. „Ich wünsche mir, dass er für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wird“, sagte er. Kontinuität und Stabilität in Frankreichs politischem Leben zu haben, sei eine Notwendigkeit für den Erfolg des Landes, so wie es sie in Deutschland 16 Jahre lang mit Frau Merkel gegeben habe.

Selenskyj warnt vor neuer russischer Offensive in Ostukraine

9:14 Uhr > Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einer neuen russischen Offensive in der Ostukraine gewarnt. „Es gibt eine Ansammlung russischer Truppen für neue Angriffe im Donbass“, sagte er am Donnerstag. Die Ukraine bereite sich darauf vor.

Mit Blick auf die angekündigte Reduzierung russischer Truppen um Kiew und Tschernihiw äußerte der Präsident Zweifel. „Wir glauben niemandem â€" wir trauen keiner schönen Phrase“, sagte er. Es gebe keinen Grund, Russlands Ankündigung zu glauben.

Es seien auch im Anschluss weiter Luftangriffe auf Kiew und Tschernihiw ausgeführt worden. Im Verhandlungsprozess mit Russland gebe es zudem bisher nur Worte, aber „nichts Konkretes“, fügte Selenskyj hinzu.

Grüne fordern Verlegung von ukrainischen Patienten nach Deutschland

Der gesundheitspolitische Sprecher Grünen, Janosch Dahmen, fordert eine Verlegung von geflüchteten ukrainischen Patienten nach Deutschland. Man müsse Patienten aus den EU-Nachbarländern, die an die Ukraine grenzen, „systematisch nach Deutschland holen“, sagte Dahmen den Sendern RTL und ntv. Dies sei „Teil der humanitären Verantwortung“, die Deutschland habe.

Es sei erforderlich, um „dort die Nachbarländer zu entlasten und die Menschen gut in Deutschland zu versorgen.“ Da stehe man in der Verantwortung. „Und das sollten wir dringend tun“, so Dahmen weiter.

Kommunen für rasche Anerkennung von ukrainischen Abschlüssen

Die Kommunen wollen eine rasche Eingliederung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. „Eine sinnvolle berufliche Tätigkeit und ein guter Arbeitsplatz sind Booster für die Integration“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Landsberg hob hervor, es sei richtig, alles zu unternehmen, um die Kriegsflüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt zu bringen, zumal in Deutschland überall Fachkräfte fehlten.

Ein Teil der Menschen sei „gut beruflich qualifiziert“, so Landsberg. „Deswegen sollten die beruflichen Qualifikationen schnell und unbürokratisch anerkannt werden.“ Zugleich sprach er sich für einen einfacheren Organisation von Deutschkursen aus.

Das Verfahren zur Einrichtung solcher Sprachkurse sei bisher „viel zu kompliziert und umständlich“, kritisierte der Hauptgeschäftsführer. Deshalb müssten vor Ort flexible Lösungen etabliert werden. Dies könne etwa „in Zusammenarbeit mit den flächendeckend vorhandenen Volkshochschulen“ erfolge, schlug Landsberg vor.

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