Kurz nach Unterbringung nahe München: Erste Ukraine-Flüchtlinge müssen wieder aus Wohnungen raus


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  • Erstellt: 05.04.2022, 10:05 Uhr

    Von: Christian Masengarb, Sebastian Grauvogl

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    Rund 1100 Flüchtlinge aus der Ukraine sind bisher im Landkreis Miesbach angekommen (Symbolfoto). © Sven Hoppe/dpa

    Noch hat das Landratsamt nicht alle Geflüchteten aus der Ukraine im Landkreis Miesbach untergebracht, da müssen die ersten von ihnen schon wieder ausziehen. Das Problem: Wohnraum fehlt.

    Landkreis â€" Sie meinten, einen sicheren Hafen gefunden zu haben â€" doch dann müssen sie plötzlich wieder zurück in die Turnhalle: Ein Schicksal, das schon einige Geflüchtete aus der Ukraine im Landkreis Miesbach ereilt hat. „Wir hatten auch schon den Fall, dass Bürger Geflüchtete auf eigene Faust irgendwo abgeholt und dann nach einigen Tagen oder Wochen an uns übergeben haben“, berichtet Landratsamtspressesprecherin Sophie Stadler auf Nachfrage unserer Zeitung. Etwa, weil der angebotene Wohnraum nach kurzer Zeit doch nicht mehr frei war. Nicht nur für die Geflüchteten sei das Gefühl, „zurückgebracht zu werden“, äußerst unschön, betont Stadler. Auch für das Landratsamt sei es ein „Worst Case“, wenn die mit großer Mühe geschaffte Vermittlung quasi umsonst war.

    Ukraine-Flüchtlinge im Landkreis Miesbach: Behörde sucht händeringend Unterkünfte

    Wie berichtet, sucht die Behörde bereits jetzt händeringend nach Unterkünften â€" aktuell für 52 Personen. Mit den Osterferien droht sich der Engpass noch zu verschärfen, da viele in Privatinitiative und damit ohne Einwirken oder gar Wissen des Landratsamtes vermittelte Ferienwohnungen wieder zur Unterbringung von Urlaubern benötigt werden. Gleiches gilt für diejenigen Geflüchteten, die bei Freunden oder Bekannten untergekommen sind. Laut Stadler scheint es wahrscheinlich, dass auch einige dieser Angebote nur begrenzt bereitstehen.

    Bürger, die Geflüchtete bei sich untergebracht haben, können diesen theoretisch kurzfristig kündigen â€" eine Frist gibt es nur, wenn beide Seiten einen Mietvertrag geschlossen haben. Diejenigen Geflüchteten, die finanzielle Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen (werden), würden auch Geld für Miete und Nebenkosten erhalten, erklärt Stadler. Doch dafür müsste überhaupt erst mal Wohnraum längerfristig zur Verfügung stehen. Das Landratsamt macht sich hier keine falschen Hoffnungen: „Die Frage der Unterbringung wird vor dem Hintergrund der sowieso schon extrem angespannten Wohnungssituation im Landkreis nur sehr schwer lösbar sein.“

    Kurzfristige Hilfe für ukrainische Flüchtlinge in Miesbach - Hoffnung ruht auf Landratsamt

    Vorerst ruht die Hoffnung des Landratsamtes daher auch auf den Gemeinden, deren Bürgermeister die Situation vor Ort am besten kennen und daher auf kurzem Weg Hilfe koordinieren können. Einige Gemeinden hätten hier bereits in Eigeninitiative größere Unterkünfte ausfindig gemacht und ertüchtigt, wofür man auch sehr dankbar sei, betont Stadler. Um die Menschen möglichst gerecht auf die Kommunen zu verteilen, sei perspektivisch die Festlegung einer Quote sinnvoll. Hier sei aber noch unklar, ob auch privat untergebrachte Personen angerechnet werden können.

    Lesen Sie auch: Wiesseer Bürgermeister schafft Wohnraum für Ukraine-Flüchtlinge

    Das Unterkunftsteam am Landratsamt vermittle jedenfalls jeden Geflüchteten persönlich und erkläre den Bürgern genau, wer bei ihnen unterkommen soll, sagt Stadler. Viele würden dabei die junge Mutter mit Kind erwarten, aber es sei nicht der Fall, dass hauptsächlich diese Gruppe aus der Ukraine fliehe. Der Krieg betreffe alle Bevölkerungsteile â€" auch Menschen, die vorher schon in die Ukraine geflohen waren.

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    Da es noch Monate oder gar Jahre dauern könnte, bis sie in ihre Heimat zurückkehren können, versuche das Landratsamt parallel, die kurzfristigen in mittelfristige Strukturen umzuwandeln. Dazu zähle unter anderem die Anmietung größerer Objekte oder die Schaffung von Containerstandorten. Doch die hier zu klärenden Fragen seien komplex und würden einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Dass der Landkreis ein Flüchtlingsheim bauen lässt, hält Stadler für unwahrscheinlich. Es sei „fast alles bebaut im Landkreis, was rechtlich bebaut werden darf“. Ganz zu schweigen von den aktuell ohnehin ausgelasteten Firmen und dementsprechend langen Zeiträumen bis zur Fertigstellung.

    Besteht also die Gefahr, dass sich der Landkreis bei der Unterbringung Geflüchteter von einer Notlösung zur nächsten hangelt? Einen Langzeitplan könne das Landratsamt noch nicht bieten, sagt Stadler, auch wegen der sich ändernden Rahmenbedingungen: „Wir verstehen, dass die Menschen eine Perspektive haben wollen und würden sie wirklich gerne geben, aber wir wissen schlichtweg nicht, wie es weltpolitisch weitergeht.“

    Alle weiteren Infos zum Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen in Bayern lesen Sie hier auf unserer Themenseite Ukraine-Flüchtlinge. mas/sg

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