Krieg in der Ukraine So hetzen russische Talkshows im Auftrag des Kreml


»Der Sonntagabend mit Wladimir Solowjow«, eine der beliebtesten Polit-Talkshows Russland, der Putin-treue Moderator steht auf der Sanktionsliste der EU. Zu Gast war am vergangenen Sonntag der Politikwissenschaftler Sergej Michejew, und der brachte gleich zwei angsteinflößende militärische Szenarien mit. Nummer eins: ein russischer Atomangriff auf Europa.

Sergej Michejew, Politikwissenschaftler »Europa sollte eine einfache Sache klargemacht werden: Es wird einen Atombombenangriff erleben, wenn es sich entscheidet, Nato-Friedenstruppen aufzustellen und in Marsch zu setzen. Tapfere Polen, euer Warschau wird innerhalb von einer Sekunde verschwinden.«

Tamina Kutscher, Chefredakteurin dekoder.org »Die Talkshows sind insofern ja fast schon ein eigenes Genre. Es geht da wirklich um Konfrontation und nicht um Austausch. Und vor allem geht es darum, eben bestimmten offiziellen Diskursen, sage ich mal, oder auch Propaganda-Narrativen da nochmal so einen em otionalen Verstärker zu bieten.«

Tamina Kutscher ist die Chefredakteurin von dekorder.org, einer Plattform, die unabhängige russische Medien übersetzt und einordnet. Für russische Talkshow-Zuschauer, sagt sie, ist Sergej Michejew ein bekanntes Gesicht.

Tamina Kutscher, Chefredakteurin dekoder.org »Er ist auch häufiger Gast bei Solowjow. Also, da wird so ein bisschen gelacht, weil da immer wieder dieselben Leute auftreten. Michejew ist einer davon. Man könnte ihn als Linksnationalisten bezeichnen, er gehört auch einer entsprechenden Partei an. Er vertritt eben sehr nationale, patriotische, wenn man so will, auch konservative Werte, eben auch wieder die Rhetorik gegen den Westen, also Russland als vom Westen umzingelt, der Westen als Feindbild, der Russland immer nur das Schlechteste will. Also, Putin hatte ja auch in seiner Rede am 24. Februar betont: Wer sich einmischt, der wird eine Antwort bekommen, wie er sie noch nicht gesehen hat, so in et wa. Und das ist, was er jetzt da eben sehr rhetorisch eindrucksvoll und man kann auch sagen auch ziemlich hasserfüllt, wenn man so will, da nochmal ausführt.«

Das zweite Szenario, das Michejew anspricht, ist die Schaffung einer Landverbindung von Russland in die Exklave Kaliningrad, also ein russischer Einmarsch in Litauen und Polen.

Sergej Michejew, Politikwissenschaftler »Vielleicht ist es Zeit für einen Korridor nach Kaliningrad? Eine Landverbindung nach Kaliningrad. Warum nicht?«

Wladimir Solowjow, Moderator »Wenn wir es [durch die Ukraine] nach Transnistrien schaffen, könnten wir es durchaus noch einmal machen.«

Sergej Michejew, Politikwissenschaftler »Litauen und Polen sind zu unhöflich. Sie begreifen nicht, dass wir schneller mit ihnen fertig wären als mit der Ukraine.«

Tamina Kutscher, Chefredakteurin dekoder.org »Die Talkshowformate, das vielleicht interessant auch, haben jetzt seit 2014, also seit der Annexion der Krim und dem Ausbruch des Krieges im Osten der Ukraine nochmal besondere Beliebtheit gefunden. Die wurden auch erhöht, es gibt immer mehr davon seitdem, und sie laufen teilweise auch öfter. Und so ist es jetzt zum Beispiel auch mit dem Abend mit Solowjow, der seit kurz vor Ausbruch des Krieges in der ganzen Ukraine jetzt nahezu täglich läuft, also außer Samstag. Was da gesendet wird, das ist schon das, was der Kreml auch senden will, die Botschaft, die der Kreml senden will. Aber welche Konsequenzen dann unbedingt daraus folgen, das entscheidet natürlich dann der Kreml und nicht die Gäste in den Talkshows.«

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