Seite 2 - Krieg in der Ukraine und die Folgen: Afrika droht Hungerkrise


Die steigenden Preise auf dem Weltmarkt treffen im globalen Süden auf Gesellschaften, die bereits unter der Pandemie leiden: „Seit zwei Jahren machen wir eine Rolle rückwärts beim Kampf gegen den Hunger", sagt Banse. Die Corona-Folgen hätten in den Ländern des globalen Südens zu steigender Armut geführt, Einkommensunterschiede haben sich verschärft. Die Preissprünge werden sich nicht alle leisten können: „Hunger ist nur selten ein Problem der Verfügbarkeit, sondern in erster Linie eine Frage des Einkommens und der Bezahlbarkeit", sagt Banse.

Was es für einzelne Staaten bedeutet, wenn die Getreideexporte aus der Ukraine ausfallen, hat Handelsforscher Hendrik Mahlkow untersucht. Mit seinen Kollegen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat er ein Gleichgewichtsmodell geschaffen, das die Wertschöpfungsketten abbildet. Es beruht auf Handelsdaten der Vereinten Nationen. Anhand des Modells können die Forscher in Kiel testen, was passiert, wenn Lieferketten unterbrochen werden. Sie haben einen Totalausfall der Getreideexporte aus der Ukraine simuliert. Das Ergebnis: Nordafrikanische Staaten wären in besonderem Maße betroffen.

Nordafrikanische Staaten abhängig von Getreide aus der Ukraine

„Die Ukraine spielt eine zentrale Rolle für Afrikas Lebensmittelversorgung", sagt Mahlkow. Das Land ist der zweitgrößte Exporteur von Weizen nach Afrika. Für Mais ist es die drittgrößte Exportnation. Die Staaten im Norden Afrikas müssen den Großteil des Getreides, das sie konsumieren, aus dem Ausland einkaufen. Aufgrund der klimatischen Bedingungen produzieren sie selbst wenig. Das zeigt sich auch in den Statistiken zum Weizenverbrauch in den Ländern. Mehr als 30 Prozent des in Marokko konsumierten Weizens stammt aus der Ukraine.

Kämen die Getreideexporte des Landes zum Erliegen, träfen die Folgen Tunesien und Ägypten besonders schwer. In Tunesien könnten die Weizenimporte dauerhaft um über 15 Prozent zurückgehen, schreiben die Kieler Forscher. Die Importe von übrigem Getreide sinken in der Simulation um fast 25 Prozent. In Ägypten würde der ukrainische Exportausfall dazu führen, dass über 17 Prozent weniger Weizen importiert wird. Bei anderen Getreidesorten sinken die Importe um 19 Prozent.

Die Verknappung sorgt für Preissprünge bei Weizen und anderen Getreidesorten. In der Simulation müssen Tunesier fünf Prozent mehr für ihren Weizen bezahlen und 24 Prozent mehr für andere Getreidesorten. Reichere Staaten im Westen könnten sich die hohen Preise leisten, viele afrikanische Staaten jedoch nicht, sagt Mahlkow. Wenn sich der Krieg über mehrere Jahre hinzieht und die Ukraine in dieser Zeit kein Getreide exportiert, seien gravierende Folgen absehbar: „Die steigenden Lebens­mittelpreise stellen eine reale Gefahr für die Nahrungsmittelsicherheit Nordafrikas dar", sagt der Handelsforscher.

Führt der Hunger zu Unruhen?

Eckart Woertz, Direktor des GIGA In­stituts für Nahost-Studien in Hamburg, sieht Parallelen zur Situation in den Ländern von 2007 bis 2008. Damals erreichten die Nahrungsmittelpreise schon einmal Rekordhöhen. Innerhalb weniger Monate stiegen etwa die Preise für Mais um 70 Prozent, schreiben die Vereinten Nationen in einer Studie. Spekulationen an den Warenterminmärkten, dürrebedingte Ernteausfälle und der Anstieg der Biokraftstoffproduktion hätten die Preissprünge damals verursacht.

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Ostafrika : Oxfam warnt vor Hungerkrise

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat katastrophale Folgen auch in Ostafrika. Die Region importiert 90 Prozent ihres Weizens aus der Ukraine und Russland. Laut Oxfam haben bereits heute 21 Millionen Menschen mit schwerem Hunger zu kämpfen.

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