Das Ukraine-Update am 23. April: Russische Truppen setzen sich im Donbass fest - weiteres Massengrab nahe Mariupol entdeckt
Russische Truppen haben sich nach ukrainischen Angaben in mehreren Orten in der Ostukraine festgesetzt. UN-Chef Antonio Guterres wird nach einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau auch zu Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Ukraine reisen. Nahe Mariupol wurde auf Satellitenbildern ein weiteres Massengrab entdeckt. Was in der Nacht zum 23. April passiert ist.
Das Ukraine-Update: Was in der Nacht zum 23. April passiert istDie militärische Lage in der Ukraine
Russland verstärkt Angriffe auf ganzer Front bei Donezk: Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Einheiten etwa in der Kleinstadt Losowa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in der Region Charkiw im Osten des Landes, Fuß gefasst, wie der der ukrainische Generalstab in seinem Bericht am Freitagabend mitteilte.
In den Gebieten Selena Dolyna in der Region Donezk und dem etwa 40 Kilometer östlich liegenden, vor wenigen Tagen eroberten Krimenna in der Region Luhansk, bauten russische Truppen ihre Positionen aus und bereiteten sich auf weitere Vorstöße vor. Auch in dem Ort Stepne in der Region Donezk hätten sie Fuß fassen können.
Abgewehrt habe man Angriffe etwa in der Region Luhansk, die laut ukrainischen Angaben bereits zu rund 80 Prozent unter russischer Kontrolle steht, im Bereich der Stadt Rubischne und des Dorfes Nowotoschkiwske. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Ukrainischen Angaben zufolge könnte am Samstag eine Evakuierung aus der stark zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol stattfinden. Das teilte die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am späten Freitagabend auf Facebook mit. Sie schrieb weiter, dass Fluchtkorridore aus der Stadt bereits mehrmals gescheitert seien und dass sie verstehe, wie schwer dies für die Menschen sei. „Sie und ich müssen es aber so oft versuchen, bis es klappt."
Unweit von Mariupol deuten Satellitenbilder auf ein mögliches weiteres Massengrab hin. „Dieses Mal im linksufrigen Stadtbezirk beim Friedhof von Wynohradne", teilte der Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko am Freitag bei Telegram mit. Die Besatzungskräfte würden so versuchen, Kriegsverbrechen zu verschleiern. Die vom US-Satellitenfotodienst Maxar verbreiteten Aufnahmen aus dem Zeitraum vom 22. März bis 15. April sollen einen Friedhof bei Wynohradne vor, während und nach einer Erweiterung der Gräber zeigen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
London berichtet, dass Änderung der russischen Taktik noch dauert: Eine Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, nicht näher bestimmte „neue Methoden der Kriegsführung" einzusetzen, ist nach britischer Einschätzung ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht vorankommt wie geplant. Dennoch werde es eine Weile dauern, die Taktiken anzupassen und zu verbessern, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitagabend unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Das gelte besonders für den landbasierten Manöverkrieg.
Selenskyjs Militär-Berater erklärt zwei Szenarien, wie es im Krieg weitergehen kannDie politischen Stimmen zum Ukraine-Krieg
UN-Generalsekretär António Guterres reist nach Treffen mit Putin in die Ukraine: Rund zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine will UN-Generalsekretär António Guterres kommende Woche Russland und die Ukraine besuchen. Nach einem Empfang durch Russlands Präsident Putin am Dienstag in Moskau wird Guterres in die Ukraine weiterreisen und dort am Donnerstag unter anderem Präsident Selenskyj treffen, wie die Vereinten Nationen am Freitag (Ortszeit) in New York mitteilten. Der UN-Chef hatte zuvor um die Treffen gebeten, um im Ringen um eine Waffenruhe in dem Konflikt zu vermitteln. Die Reise nach Moskau dürfte eine der wichtigsten in Guterres' Zeit als UN-Generalsekretär werden.
FDP und Union fordern Scholz zu weiteren Waffenlieferungen an Ukraine auf: In der Debatte um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine lässt der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht nach. Neben den Grünen dringen auch der andere Koalitionspartner, die FDP, sowie die Union auf eine umfassendere Unterstützung der Ukraine, wie die „Augsburger Allgemeine" (Samstag) berichtete. In der Bevölkerung gibt es einer aktuellen Umfrage zufolge allerdings keine Mehrheit für die Lieferung etwa von Panzern.
„Alles, was der Ukraine bei ihrer Verteidigung ihres Heimatlandes hilft, ist jetzt der richtige Schritt", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Marcus Faber der „Augsburger Allgemeinen". Auf welche Art und Weise die Ukraine nun Material erhalte, sei zweitrangig. „Hauptsache, es passiert schnell."
„Die Ampelregierung laviert, verzögert und versteckt sich bei den Waffenlieferungen hinter anderen und irritiert damit zunehmend unsere Bündnispartner", kritisierte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Das muss endlich ein Ende haben." Deutschland könne und müsse in dieser Phase deutlich mehr militärische Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine leisten und dazu gehörten auch schwere Waffen.
Passend zum Thema:
„Er ist eben Hanseat": Kubicki nimmt Scholz im Waffenlieferungs-Streit in SchutzKlingbeil wirft Union „Krawallkurs" in der Ukraine-Politik vor: SPD-Chef Lars Klingbeil hat das Vorgehen der Union in der Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine scharf kritisiert. „Ich glaube, dass dieser Krawallkurs der Union schaden wird", sagte er der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf den von der CDU/CSU-Fraktion geplanten Antrag für Waffenlieferungen im Bundestag. Die größte Oppositionsfraktion will darüber möglichst schon nächste Woche abstimmen lassen und hofft auf Zustimmung auch von Koalitionspolitikern der Grünen und der FDP, die sich für Waffenlieferungen ausgesprochen haben.
In der SPD sieht man das als taktisches Manöver. „Die Union sucht ihre Rolle in der Opposition. Das merkt man", sagte Klingbeil. „In der Ukraine herrscht Krieg, dort sterben Menschen. Diesen grausamen Krieg sollte man nicht für parteitaktische Spiele nutzen. Ich hoffe, diejenigen, die das auch so sehen, setzen sich in der Union durch."
Klingbeil forderte die Union auch auf, dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr zuzustimmen. „Ich gehe davon aus, dass es eine große Unterstützung in der Ampel dafür geben wird. Auch die Union hat angekündigt, dass sie das 100-Milliarden-Paket unterstützen wird." Auch hier sollte die Union nach seinen Worten auf parteitaktische Spielchen verzichten. „Es geht um eine bessere Ausstattung unserer Soldatinnen und Soldaten und um eine funktionsfähige Bundeswehr", sagte Klingbeil. „Wie wichtig das ist, sehen wir doch in diesen Tagen, auch bei der Diskussion um Waffenlieferungen."
Ukraine-Präsident sendet klare Botschaft an sein Volk - und an Russland: Der ukrainische Präsident rief die Bürger seines Landes zum Widerstand gegen den russischen Angriffskrieg auf. „Jeder muss sich bei jeder Gelegenheit gegen die Besetzung wehren", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft in der Nacht zum Samstag. Die Menschen sollten nicht mit den Russen kooperieren. Jene, die in von russischen Einheiten kontrollierten Gebieten lebten, sollten diesen „so viele Probleme wie möglich machen."
Selenskyj reagierte auch auf Russlands Konkretisierung seiner Kriegsziele. Das Gebiet, in dem Russland sich um die Rechte der Russischsprachigen kümmern sollte, „ist Russland selbst", sagte er. Dort gebe es keine Meinungsfreiheit, es gedeihe Armut.
Putin greift Ukraine an: Hintergrundinfos zum Krieg Putin-Vertrauter bittet um Gefangenenaustausch, um Verteidiger von Mariupol zu rettenal, sh, ja, luk, rob/mit Agenturmaterial
0 Comments