Ukraine-Krieg: Raketenabwehr - Kommt der "Iron Dome" für Deutschland?


Ukraine-Krieg

20.03.2022, 08:49| Lesedauer: 5 Minuten

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Jahrzehntelang wurde die Raketenabwehr vernachlässigt. Nun hat sie höchste Priorität. Denn Deutschland ist ziemlich schlecht geschützt.

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Berlin. Die russischen Angriffe auf Lwiw im Westen der Ukraine rücken bedrohlich nahe an die Grenze zum Nato-Bündnis. Auch Deutschland ist im Radius russischer Raketen.

Der CSU-Abgeordnete Florian Hahn brachte deshalb den Aufbau einer Raketen-Abwehr ins Spiel. Wie gut ist Deutschland geschützt? Wie berechtigt war seine Forderung? Und vor allem: wie realistisch?

Ukraine-Krise - Alle News zum Konflikt Morgenpost von Christine Richter

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"Den Vorschlag von Herrn Hahn möchte ich nicht kommentieren", antwortet Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) am Telefon. "Nur so viel", fügt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses dann doch hinzu, "das ist so wie der Flugzeugträger von Frau Kramp-Karrenbauer." Eine Lachnummer. Anders gesagt: genauso unrealistisch wie seinerzeit der Vorschlag der CDU-Politikerin und späteren Verteidigungsministerin.

Raketen: Kein Schutzschild für Berlin

Gleichwohl ist die Raketenabwehr ein wunder Punkt. "Ihre Verbesserung sollte ganz oben auf der Prioritätenliste der Bundeswehr stehen", weiß die FDP-Wehrexpertin. Im Wesentlichen verfügt die Bundeswehr über veraltete amerikanische Patriot-Raketenabwehrsysteme. Ab 1989 begann man, damit zwölf Flugabwehrraketenstaffeln auszurüsten.

Kein Experte widerspricht Hahns Einschätzung, wonach die Bundeswehr mit ihren derzeitigen Mitteln nicht in der Lage wäre, "unsere Hauptstadt effektiv vor Raketenbeschuss zu beschützen“.

Unrealistisch erscheint indes sein Vorschlag einer Raketen-Abwehr nach israelischem Vorbild ins Spiel, eines "Iron Dome". Schon für Berlin erscheint der Vorschlag allzu kühn, erst recht für ganz Deutschland.

Raketenschirm: Zu anspruchsvoll, zu teuer

Die "eiserne Kuppel" besteht aus einem Radar, einer Kontrolleinheit und drei Abschussvorrichtungen mit je Abwehrraketen. Die Israelis haben vor allem eine Bedrohung im Auge: Mittelstreckenraketen des Irans.

Das kann man nicht mit dem Arsenal der Russen vergleichen. Russland verfügt über und 6000 Atomsprengköpfe, davon etwa 2000 sofort für den Einsatz in Langstreckenbombern, Interkontinentalraketen, Marschflugkörpern bereit.

Westlichen Militärs machen zudem die 2000 taktischen Atomwaffen Sorgen: Sie sind für den Einsatz mit geringerer Reichweite und auf dem Gefechtsfeld gedacht.

Raketenabwehr: Bisher auf den Iran ausgerichtet

Ein Schutzschirm ist so anspruchsvoll, dass selbst die USA damit überfordert sind. In Alaska sind 16 "Interceptor-Raketen" stationiert. Auf jeden Sprengkopf werden zwei Raketen abgefeuert, die Abfangquote soll bei 30 bis 40 Prozent liegen.

Eine einzige Interkontinentalrakete der Russen kann bis zu acht Sprengkörpern haben. In einem Großkonflikt würden einige Raketen immer ihr Ziel finden. Jeder dieser Interceptor-Raketen soll 200 bis 300 Millionen US-Dollar kosten. Ein vollständiger Schutz wäre technisch und finanziell extrem aufwendig.

Die Nato hat in Europa eine Raketenabwehr installiert, in Rumänien, Polen, in der Türkei und auf Schiffen. Sie zielt in erster Linie auf einzelne Angriffe von Mittelstrecken-Raketen aus dem Iran oder Nordkorea ab.

Die beste Abwehr? Abschreckung

Der erprobte Schutz gegen Nuklearraketen ist die Abschreckung: Das Wissen, dass der Gegner umgehend zurückschlagen wird und es keine Sieger geben kann. Die Interkontinental-Raketen in den Silos sind nach dem Prinzip "Launch on Warning" aufgestellt. Wird ein Angriff gemeldet, erfolgt umgehend der Gegenschlag.

Nicht das nukleare Potenzial hat sich verändert, wohl aber spätestens mit dem Angriffskrieg von Präsident Wladimir Putin der Blick auf Russland. Das Bedrohungsgefühl.

Erst am Mittwoch erklärte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), "auch wenn es bisher keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Bündnisgebiet angegriffen wird, so können wir das nicht gänzlich ausschließen, und wir müssen vorbereitet sein".

Hat die Verbesserung der Raketenabwehr auf ihrem Radarschirm: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht.

Am besten sind die USA gewappnet. Sie verfügen auch über das System Terminal High Altitude Area Defense (THAAD), Patriot-Anlagen und bei der Marine über der SM3-Interceptor.

Die Bundeswehr hat nicht viel mehr als das Patriot-System. Erkennt das Radar des Flugabwehrraketensystems eine Bedrohung, wird es an die Feuereinheit weitergeleitet, die binnen kürzester Zeit eine Rakete abfeuert.

Lambrecht kann die Modernisierung angehen

Schon vor zehn Jahren wollte der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) das System ersetzen. Die unerledigte Hausaufgabe wurde von Minister zu Minister weiter gereicht, von de Maizière an Ursula von der Leyen (CDU), weiter an Kramp-Karrenbauer und Lambrecht.

Ukraine-Krise â€" Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Nun ist die Chance groß, dass die geplante Modernisierung angegangen wird, weil der Ukraine-Krieg ein Bedrohungsszenario realistisch erscheinen lässt und im Affekt Milliarden für die Truppe mobilisiert werden. Die Luft- und Raketenabwehr ist ein großes Problem der Bundeswehr wie der Nato in Europa. Das betrifft nicht nur die atomare Bedrohung, sondern auch einen konventionellen Angriff wie in der Ukraine.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de

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