Ukraine-Krieg: Ifo-Geschäftsklimaindex bricht im März ein


Energieintensive Unternehmen leiden besonders unter den steigenden Energiepreisen. Bild: dpa

Das Stimmungsbarometer rutschte von 98,5 Punkten auf 90,8 Zähler. Die Unternehmen blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft. Die Erwartungen sanken noch stärker als bei Ausbruch der Corona-Krise im März 2020.

Die Stimmung der deutschen Unternehmen hat sich im März wegen des Kriegs in der Ukraine deutlich verschlechtert. Der Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts sank auf 90,8 Zähler, wie das Institut am Freitag mitteilte. Im Vormonat hatten Hoffnungen auf ein Ende der Corona-Pandemie das Barometer noch auf 98,5 Punkte steigen lassen. Die russische Invasion am 24. Februar war damals noch nicht in den Umfrageereignissen enthalten. Das Barometer basiert auf der monatlichen Befragung von rund 9000 Unternehmen und gilt als wichtiger Frühindikator für die deutsche Konjunktur.

„Die Unternehmen in Deutschland rechnen mit harten Zeiten", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Der Teilindex für die Erwartungen sank um 13,3 Punkte – und damit noch stärker als bei Ausbruch der Corona-Krise im März 2020. Die Unternehmen schätzten auch ihre aktuelle Lage schlechter ein als im Vormonat. Mit einem Minus um 1,6 Punkte fiel der Rückgang jedoch vergleichsweise moderat aus.

Das Stimmung trübte sich in allen Branchen deutlich ein. „Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Index so stark gefallen wie noch nie", sagte Fuest. Das gelte für die Erwartungen der Unternehmen. „Diese schlugen von Optimismus in einen deutlichen Pessimismus um." Die steigenden Energiekosten und Lieferkettenunterbrechungen treffen die Industrieunternehmen besonders hart. Sie bewerteten ihren Geschäftsausblick zudem als „extrem unsicher". Auch im Handel stürzte der Erwartungsindikator so stark ab wie nie zuvor.

„Durch den Ukraine-Krieg ist der Index regelrecht abgeschmiert", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Problematisch seien in erster Linie die globale Lieferlogistik und hohe Beschaffungskosten. „Der mit der Corona-Pandemie ausgebrochene Überlebenskampf vieler Unternehmen geht damit weiter." Auch Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank, rechnet damit, dass der Krieg das sowohl das Angebot als auch die Nachfrage in den kommenden Monaten belasten wird. Die Unsicherheit und die Angst seien groß. 

Sollte es etwa zu einem westlichen Boykott russischen Öls kommen, würde der Ölpreis nach oben katapultiert, warnte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „In diesem Szenario wäre eine Rezession wahrscheinlich, zumal Russland auf einen Ölboykott mit einem Stopp seiner Gaslieferungen reagieren könnte."

Wachstumsprognosen deutlich gesenkt

Die Stimmung der von S&P Global (früher IHS-Markit) befragten Einkaufsmanager kühlte sich hingegen nur leicht ab. Das am Donnerstag veröffentliche Barometer für die deutsche Wirtschaft sank im März um einen Punkt auf 54,6 Zähler und rangiert damit noch immer deutlich über der Marke von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert.

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„Vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine war die deutsche Wirtschaft im Zuge der abgeschwächten Lieferengpässe und der Lockerung der Corona-Eindämmungsmaßnahmen auf Erholungskurs", sagte Ökonom Phil Smith von S&P Global. Doch nun stehe sie vor einem sehr viel unsichererem Weg. Vor allem die Industrie sei von den unterbrochenen Lieferketten und der sinkenden Exportnachfrage betroffen. Erschwerend hinzu komme das Wiederaufleben der Corona-Pandemie in China. Zudem verstärke der Krieg den ohnehin schon hohen Inflationsdruck, da höhere Rohstoffkosten zu einem „beispiellosen Anstieg" der Einkaufspreise führten. „So ist davon auszugehen, dass der Krieg und seine Folgen für die Preise, die Lieferketten und die Nachfrage im Verlauf des Jahres Auswirkungen auf das Wachstum haben werden", sagte Smith.

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Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr schon deutlich gesenkt. Hatten sie im Dezember noch einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung zwischen 3,5 und 4 Prozent erwartet, rechnen sie nunmehr noch mit einem Plus zwischen 2,1 und 3,1 Prozent. Ihre Inflationserwartungen korrigierten sie hingegen kräftig nach oben. So könnten die Verbraucherpreise nach ihrer Einschätzung in diesem Jahr um mindestens 4,8 Prozent und im schlechtesten Fall sogar und 6,1 Prozent steigen.

„Die russische Attacke dämpft die Konjunktur über deutlich gestiegene Rohstoffpreise, die Sanktionen, zunehmende Lieferengpässe bei Rohmaterialien und Vorprodukten sowie erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit", sagte Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturabteilung am Mittwoch. „Gleichzeitig dürften die vollen Auftragsbücher der Industrie und die Normalisierung bei Corona der Konjunktur einen kräftigen Schub geben."

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