Krieg in der Ukraine: Afrika droht Hungerkrise


Begehrte Ware: In vielen afrikanischen Staaten wird das Weizenmehl künftig teurer, wie hier auf dem Markt von Ibafo in Nigeria. Bild: AFP

Der Krieg in der Ukraine treibt die Getreidepreise in die Höhe. Agrarökonomen warnen vor massiven Folgen für die Versorgung ärmerer Staaten. Jetzt sind die großen Exportnationen gefragt – auch Europa kann seinen Beitrag leisten.

Der Krieg in der Ukraine ist überall. Bald könnten ihm Menschen in anderen Regionen der Welt zum Opfer fallen. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium rechnet mit „erheblichen Störungen" bei den Exporten von Getreide – sowohl aus der Ukraine als auch aus Russland. Die Vereinten Nationen warnen, dass die globalen Lebensmittelkosten um 22 Prozent steigen könnten. Nicht alle werden sich das leisten können, sagen Agrarökonomen. Sie rechnen mit Hungerkrisen in Teilen Nordafrikas und des Nahen Ostens.

Vor einer massiven Unterbrechung der Versorgung warnte auch Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender des Agrochemiekonzerns Bayer, in der F.A.Z. „Der Markt allein wird diese unmittelbaren Auswirkungen der russischen Aggression auf das globale Nahrungsmittelsystem nicht lösen", schrieb er in seinem Gastbeitrag. Er wandte sich an Regierungen und Unternehmen: Sie müssten jetzt ihre Getreidevorräte auf den Markt bringen und dürften die Krise nicht ausnutzen.

40 Prozent der weltweit konsumierten Kalorien werden durch Weizen, Mais und Reis aufgenommen. Insbesondere für Weizen spielen Russland und die Ukraine eine zentrale Rolle. Sie sorgen für 28 Prozent der globalen Weizenexporte. „Wenn die Situation in diesen Ländern instabil ist, hat das dramatische Folgen für den Weltmarkt", sagt Martin Banse, Leiter des Thünen-Instituts für Marktanalyse.

Krieg in der Kornkammer Europas

Was jetzt mit der ukrainischen Landwirtschaft passiert, ist schwer einzuschätzen. Wie viele Landwirte haben die Arbeit aufgrund des Krieges niedergelegt? Werden Felder, Vorräte, Maschinen zerstört? Wie gut können Waren derzeit im Land verteilt werden? Zu diesen Fragen gibt es aus der Ukraine nur vereinzelte Berichte. Erschwerend kommt hinzu: In den schwer umkämpften Regionen im Osten des Landes sind die Böden besonders fruchtbar. Hier erntet das Land am meisten Getreide. Agrarökonomen erwarten daher bereits jetzt, dass es infolge des Krieges zu schweren Ernte- und Exporteinbrüchen kommen wird.

Auch die russische Landwirtschaft steht vor Problemen. Ausfuhren über das Asowsche Meer sind zum Erliegen gekommen, die Situation an den Häfen ist chaotisch. Die russische Marine soll die Schifffahrt im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres blockieren, teilt der Generalstab der ukrainischen Armee mit. Russische Quellen des Thünen-Instituts berichten, dass sich Versicherungen weigern, Handelsschiffe zu versichern, die durch die umkämpften Seegebiete fahren wollen.

Russland ist jedoch darauf angewiesen, sein Getreide über die Häfen im Westen zu vertreiben, denn in dieser Region liegt die Kornkammer des Landes. China wäre zwar noch ein potentieller Abnehmer für das Getreide, dafür müsste es jedoch aus dem Westen Russlands mehrere Tausend Kilometer über das Schienennetz bis in die Volksrepublik transportiert werden. Das ist deutlich weniger rentabel.

„Russland schießt sich selbst ins Knie"

Der Ausschluss vom Zahlungssystem SWIFT und die Sanktionen gegen russische Banken erschweren russischen Händlern den Zugang zu wichtigen Importgütern. Russische Landwirte sind bei Pflanzenschutzmitteln, Saatgut für Mais und Raps sowie Ersatzteilen für Landmaschinen abhängig vom Westen. Der Handel mit diesen Gütern sei fast vollständig zum Erliegen gekommen. „Russland schießt sich selbst ins Knie", sagt Banse. Er rechnet damit, dass die russische Regierung den Export von Getreide beschränken wird, um die Preise im eigenen Land stabil zu halten.

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Ostafrika : Oxfam warnt vor Hungerkrise

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat katastrophale Folgen auch in Ostafrika. Die Region importiert 90 Prozent ihres Weizens aus der Ukraine und Russland. Laut Oxfam haben bereits heute 21 Millionen Menschen mit schwerem Hunger zu kämpfen.

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