19. April 2022, aktualisiert 19. April 2022, 10:53 Uhr
In der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat am Dienstag nach Angaben prorussischer Separatisten die Erstürmung des Stahlwerks Asovstal begonnen. Die Lage im Ãberblick.
Nach Angaben prorussischer Separatisten hat die Erstürmung des Stahlwerks Asovstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol begonnen. In dem Stahlwerk sollen sich nach russischen Angaben rund 2500 Kämpfer verschanzt haben, darunter auch 400 ausländische Söldner. Ukrainischen Medien zufolge sollen in dem Werk noch rund 1000 Zivilisten ausharren, unter ihnen auch Frauen und Kinder.
Zum Sturm auf das Stahlwerk sagte der prorussische Separatistenvertreter Eduard Bassurin am Dienstag Staatsmedien in Moskau, es seien spezielle Truppen zusammengestellt worden, die mit ihrer Arbeit begonnen hätten. Russische Luftwaffe und Artillerie unterstützen sie. Alle Stadtteile in Mariupol seien bereits eingenommen.
Die Regierung in Kiew warf Moskau vor, trotz Bitten keinen humanitären Korridor eingerichtet zu haben, damit sich die Menschen in Sicherheit bringen können.
Russland hatte der Ukraine am Wochenende ein Ultimatum zu dem Werk Asovstal gestellt und versichert, dass die Kämpfer am Leben blieben, wenn sie die Waffen niederlegen und sich ergeben würden. Das hatten die ukrainischen Soldaten abgelehnt und angekündigt, Widerstand zu leisten. Russland drohte mit der âVernichtungâ aller Kämpfer in dem Stahlwerk. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für diesen Fall angedroht, die Verhandlungen mit Russland für ein Ende des Krieges aufzukündigen.
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Der Separatistenvertreter Bassurin behauptete, es gebe keine Zivilisten in dem Werk. Ukrainische Nationalisten hätten das vorgebracht, um eine Erstürmung zu verhindern. Ukrainische Medien hatten wiederholt nicht überprüfbare Bilder auch von Kindern gezeigt, die sich in dem Werk aufhalten sollen.
Mariupol gilt als strategisch wichtige Stadt. Es ist der letzte Zugang für die Ukraine zum Asowschen Meer. Die prorussischen Separatisten, die in den Gebieten Luhansk und Donezk Volksrepubliken ausgerufen haben, hoffen so auf einen dauerhaften Zugang zu den Weltmeeren. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Unabhängigkeit der Regionen anerkannt und zu ihrer Unterstützung am 24. Februar eine Invasion in die Ukraine befohlen.
Neuseeland weitet Sanktionen gegen Russland aus
Neuseelands Regierung weitet die Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine aus. Im Mittelpunkt der jüngsten StrafmaÃnahmen stünden die gröÃten Banken des Landes, die Kriegshandlungen mitfinanzierten, teilte AuÃenministerin Nanaia Mahuta am Dienstag mit. Konkret gehe es um 18 Finanzinstitute, darunter die russische Zentralbank.
âWir sind zutiefst besorgt über die Berichte von der Brutalität der russischen Streitkräfteâ, betonte Mahuta und fügte hinzu, Neuseeland unterstütze die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu den Gräueltaten, die an den Bürgern der Ukraine begangen wurden.
Ministerpräsidentin Jacinda Ardern hatte bereits kurz nach dem Einmarsch Moskaus in die Ukraine erste Sanktionen verhängt und unter anderem den Export von Waren an das russische Militär verboten. Weitere Sanktionen richteten sich später unter anderem gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin, Mitglieder seiner Regierung und russische Oligarchen. Auch wurden Einfuhrzölle in Höhe von 35 Prozent auf alle russischen Importe erhoben.
SPD-Chefs treffen ukrainischen Botschafter MelnykNach erneut scharfer Kritik des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an der Russland-Politik der Sozialdemokraten hat sich die SPD-Spitze mit dem Diplomaten getroffen. âGerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegenâ, twitterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Dienstagmorgen. Dazu stellte sie ein Bild, dass sie und Co-Parteichef Lars Klingbeil an der Seite von Melnyk zeigt, und bedankte sich für das Gespräch.
Der Botschafter hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit scharfen Worten den früheren Russland-Kurs der SPD verurteilt und mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Am Wochenende kam es zu einem harten Schlagabtausch, als der ehemalige BundesauÃenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einem Gastbeitrag für den âSpiegelâ âgezielten Angriffeâ auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte und Melnyk âVerschwörungstheorienâ vorwarf.
Melnyks Behauptung, Steinmeier habe in seiner aktiven Zeit als Politiker âseit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpftâ, die bis in die heutige Regierung hineinwirkten, unterstelle, dass der frühere Kanzleramts- und AuÃenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. âDas ist wahrheitswidrig und bösartigâ, schrieb Gabriel.
Melnyk reagierte bei Twitter auf Gabriels Beitrag mit den Worten: âBösartig ist vor allem Ihre und Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg gegen den Staat, Nation, Kultur, gegen Frauen und Kinder erst herbeigeführt hat.â
Selenskyj: Schlacht um Donbass hat begonnen
In der Ukraine hat die russische Armee nach Angaben aus Kiew den erwarteten GroÃangriff im Osten gestartet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Montagabend in einer Videobotschaft: âWir können jetzt feststellen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich seit langem vorbereitet haben.â Der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, teilte mit: âDonbass: Es hat die zweite Phase des Krieges begonnen, doch sage ich euch, glaubt an die Streitkräfte der Ukraine.â Auch der Generalstab in Kiew hatte von âAnzeichenâ einer Offensive berichtet. Von russischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.
Selenskyj kündigt russischen Soldaten harten Kampf an
Selenskyj zufolge ist âein sehr groÃer Teilâ der russischen Armee für die Offensive im Osten konzentriert. Die Ukraine werde sich dem entgegenstellen. âGanz gleich, wie viele russische Truppen dorthin getrieben werden: Wir werden kämpfenâ, versicherte der Präsident. Man werde sich verteidigen und nichts aufgeben. Kein Raketenangriff habe die Situation für Russland grundlegend verbessert, meinte Selenskyj. âUnd wenn wir sie alle zusammen bewerten, kommen wir zu dem Schluss, dass sie strategischer Unsinn sind.â
Verteidiger von Mariupol sprechen von bunkerbrechenden Bomben
In der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine spitzt sich die Lage unterdessen weiter zu. Das Regiment âAsowâ forderte die Einrichtung eines eigenen Korridors für die Evakuierung von Zivilisten. Kommandeur Denys Prokopenko sagte in einer Videobotschaft, das Gelände des Stahlwerks Asovstal werde von russischen Truppen mit Artillerie, bunkerbrechenden Bomben und Raketen angegriffen. Mariupol ist seit dem 1. März von russischen Truppen eingeschlossen und fast komplett erobert. In der weitgehend zerstörten Stadt sollen noch mehr als 100.000 Zivilisten ausharren.
Ukraine übergibt Fragebogen für EU-Beitritt
Der ukrainische Präsident Selenskyj übergab unterdessen den beantworteten Fragebogen für einen EU-Beitritt seines Landes an die Europäische Union. Dies teilte der EU-Botschafter in Kiew, Matti Maasikas, am Montagabend mit. Der Diplomat aus Estland sprach auf Twitter von einem âweiteren Schritt der Ukraine auf dem Weg in die EUâ. Selenskyj selbst sprach von einem âhistorischen Ereignisâ. âUnd wir erwarten, dass die europäische Antwort schnell erfolgen wirdâ, sagte er.
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