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Der Krieg kommt nach Moskau: Als Erinnerung an die toten Zivilisten rund um Kiew entstand ein Kunst-Projekt in Russlands Hauptstadt. © Screenshot TwitterIn Russland ist der Ukraine-Krieg kein Krieg und Massaker an Zivilisten werden lapidar bestritten. Ein Künstler bringt nun aber einen Hauch von Butscha nach Moskau.
München - Die Schrecken des Ukraine-Kriegs sind in Russland ganz weit weg. Offiziell läuft westlich der eigenen Staatsgrenzen nur eine Spezialoperation zur Entnazifizierung der ukrainischen Führung - Zivilisten kommen dabei selbstredend nicht zu schaden.
Von einem Krieg darf im gröÃten Land der Erde ohnehin nicht gesprochen werden - die Bezeichnung steht unter Strafe. Und noch so vieles mehr, was die tatsächlichen Vorgänge in der Ukraine für alle Russen sichtbar ans Tageslicht zerren könnte. Dafür sorgen Wladimir Putin und sein Machtapparat.
Ukraine-Krieg: Russische Bürger bekommen Leichen rund um Kiew nicht zu GesichtSomit ist es einem GroÃteil der Bevölkerung gar nicht möglich, wirklich hinzuschauen, welche Auswüchse die russische Invasion genommen hat. Viele andere wollen es gar nicht. So müssen die Bürger unter Putins Herrschaft die Bilder der zahllosen Leichen in den StraÃen rund um Kiew nach dem Abzug der Moskauer Truppen gar nicht mit ansehen. Und auch die fürchterlichen Schilderungen von Augenzeugen bleiben ihnen erspart.
Abgesehen vom beispiellosen Absturz des Rubel und der damit einhergehenden Hyperinflation läuft das Leben für Russlands Bürger - zumindest die, die den Einmarsch nicht öffentlich verteufeln - weitgehend so weiter wie vor dem 24. Februar. Auch wenn zahlreiche Eltern ihre Söhne verlieren, sich in den allermeisten Fällen nicht verabschieden können und womöglich nicht einmal wissen, wann, wo und unter welchen Umständen sie ihr Leben für Putins Plan lieÃen.
Video: Grausame Folterkammer in Butscha entdeckt Massaker im Ukraine-Krieg: Künstler bringt einen Hauch von Butscha auf Moskaus StraÃenUm zumindest den Moskauern das Grauen dieses Eroberungskriegs, der längst zu einem Belagerungskrieg geworden ist, vor Augen zu führen, hat ein Künstler das Leid von Butscha mitten in der Metropole im Kleinen nachgestellt. In der Stadt nahe Kiew waren die Bilder der getöteten Zivilisten entstanden, die nun um die Welt gehen. Der Name muss als Synonym für die Massaker mitten im Krieg herhalten.
An beliebten Plätzen in Moskau legte sich nun für ein paar Aufnahmen eine einzelne Person nieder. Auf Steinen und Treppen. Gesicht und Bauch auf den Boden gepresst, die Hände auf dem Rücken für jeden Passanten sichtbar gefesselt. Im Alexandergarten, auf der Brücke vor der Christ-Erlöser-Kirche, in der FuÃgängerzone und auf dem Alten Arbat, der EinkaufsstraÃe im Zentrum. Die Fotos verbreitete der Journalist Kevin Rothrock auf Twitter, mit Verweis auf den Telegram-Post des Magazins Kholod.
Ob die Begegnungen die vorbeikommenden Moskauer wachgerüttelt haben? Ob sie überhaupt den Zusammenhang herstellen konnten? Und ob dieses Kunstprojekt so manchen Russen zum Umdenken bewogen hat? Ungewiss. Aber vielleicht ist es zumindest ein AnstoÃ, in Sachen Informationsbeschaffung über den Kreml-Rand hinauszuschauen. Auch wenn das wieder ein ganz anderes Problem in Russland ist. Eines, bei dem alle viel zu lange weggeschaut haben. (mg)
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