Putin-Besuch trotz Ukraine-Krieg: Darum steht Österreichs Kanzler in der Kritik


Ukraine-Krieg

11.04.2022, 11:27| Lesedauer: 4 Minuten

Österreichs Kanzler Karl Nehammer in Kiew. Nun reist er nach Moskau zu Wladimir Putin.

Foto: dpa

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Wien  Karl Nehammer war am Samstag in Kiew. Jetzt will er als erster EU-Regierungschef seit Kriegsbeginn nach Moskau. Das sorgt für Kritik.

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Der letzte europäische Staatschef in Moskau war Viktor Orban. Das war vor dem Krieg. Am Montag reist nun Österreichs Kanzler Karl Nehammer nach Moskau zu einem Gespräch mit Wladimir Putin â€" mitten im Krieg.

Eine Reise ist es, die sowohl umstritten al auch mit sehr gedämpften Erwartungen belegt ist: Eine „Risikomission“ nannte Nehammer seine Reise selbst vorab. Und er sagte auch: Man werde „nicht moralisch neutral“ sein. Politisch hat Nehammer sehr eindeutig für die Ukraine Position bezogen.

Ukraine-Krise - Alle News zum Konflikt Nehammers Reise nach Moskau ist umstritten

Abgesprochen sei die Reise nach Moskau mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sowie auch der deutschen Kanzler Scholz seien informiert worden. Erst am Samstag hatte Nehammer die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht.

Karl Nehammer besucht die Stadt Butscha, wo mehrere Hundert Zivilisten getötet wurden. 

Foto: dpa

Der Folgetrip nach Moskau ist allerdings umstritten. Die Bild-Zeitung zitierte einen ukrainischen Diplomaten, der Nehammer „Selbstüberschätzung“ vorwarf. Und auch in Österreich sehen politische Gegner des Kanzlers viel eher einen verzweifelten Profilierungsversuch als eine diplomatische Initiative.

Tatsächlich kann Nehammer keinerlei diplomatische Erfahrung vorweisen. Bevor er Kanzler wurde war er Innenminister und galt vor allem als Parteistratege.

Ukraine-Krieg wirkt sich stark auf Österreich aus

Doch so ganz aus dem Nichts kommt die Reise nicht. Russlands Krieg in der Ukraine hat auch in Österreich massive Folgen. Die politischen Beziehungen zu Russland waren auch nach der Annexion der Krim weiter eng. Zwei Mal hatte Putin seit 2014 offiziell Österreich besucht. 2018 tanzte er auf der Hochzeit der damaligen Außenministerin Karin Kneissl, die vor ihm „knickste“.

Österreichs politische und wirtschaftliche Elite ist eng verwoben mit Russland. Die Nähe zu Moskau ging so weit, dass ein europäischer Geheimdienstmitarbeiter Österreich gegenüber der Zeitung „Financial Times“ zuletzt als „Flugzeugträger für verdeckte russische Aktivitäten“ in Europa bezeichnete.

Viele russische Unternehmen sitzen in Wien

Doch der russische Angriff hat alles verändert. Als äußerst Russland-nah geltende Protagonisten schweigen eisern seit Beginn des Krieges oder sind aus der Öffentlichkeit praktisch verschwunden.

Russland seinerseits unterhält in Wien eine riesige Botschaft, eine der größten weltweit. Und wirtschaftlich ist Wien ein Europa-Knotenpunkt für russische Konzerne wie etwa Lukoil oder auch russische Banken.

Als Nehammer nach Russlands Angriff auf die Ukraine nun politisch sehr eindeutig Position bezog, war die Reaktion der russischen Diplomatie in Wien entsprechend: Österreichische Amtsträger hätten „einseitige und empörende Aussagen“ in „emotional antirussischer Rhetorik“ zur Situation in der Ukraine getätigt, hieß es in einer Erklärung.

Österreichs Haltung im Ukraine-Krieg: abwartend

Realpolitisch aber wartete Österreich ab. Nehammer selbst erteilte einem Öl- und Gas-Embargo eine Absage und begründete diese mit politischem Realismus: Österreich ist zu 80 Prozent von russischem Gas abhängig. Und lange wartete man auch mit der Ausweisung russischer Diplomaten. Letztlich wurden dann aber vier Botschaftsmitarbeiter des Landes verwiesen.

Die Nähe Österreichs zu Russland ist die eine Seite. Die andere ist die historische Nähe zur Ukraine. Große Teile der Westukraine haben eine Geschichte in der K&K-Monarchie. Lwiw, Tscherniwtsi sind Städte, die diese Vergangenheit stark geprägt hat. Ein österreichischer Diplomat sagt, es stecke durchaus auch das politische Motiv der historischen Verantwortung hinter Österreichs Engagement. Zu verlieren, so heißt es, gebe es nichts. Das einzige Risiko: Dass man von Russlands Propaganda missbraucht wird.

Und so wird es auch kein gemeinsames Pressestatement Nehammers mit Putin geben. Der österreichische Kanzler will nicht dazustehen, wie Orban bei seinem Besuch in Moskau Anfang Februar 2022.

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Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.

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