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Der Ukraine-Krieg entwickelt sich zu einem Desaster für Wladimir Putin. Das Pentagon berichtet von schweren Verlusten.
Update vom Donnerstag, 23.03.2022, 08.45 Uhr: Westliche Militärvertreter berichten von Geländegewinnen der ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen die russischen Angreifer. Der ukrainischen Armee ist es nach Angaben eines Pentagon-Vertreters vom Mittwoch gelungen, die russischen Truppen im Osten von Kiew binnen 24 Stunden mehr als 30 Kilometer zurückzudrängen. „Wir beginnen zu sehen, wie sie sich verschanzen und Verteidigungspositionen aufbauen“, fügte er hinzu. Noch am Dienstag (23.03.2022) hatte das US-Verteidigungsministerium erklärt, die russischen Streitkräfte stünden noch rund 20 Kilometer vom Zentrum der ukrainischen Hauptstadt entfernt. Nun sagte der Vertreter, „den Ukrainern ist es gelungen, die Russen 55 Kilometer östlich und nordöstlich von Kiew zurückzudrängen“.
Nicht voran kommen die russischen Streitkräfte nach Einschätzung des Pentagon auch in der Umgebung der nördlich von Kiew gelegenen Großstadt Tschernihiw. Dort säßen die russischen Soldaten zehn Kilometer vom Zentrum entfernt fest. In einigen Bereichen seien die russischen Soldaten zuletzt zurückgewichen. „Sie bewegen sich sogar in die entgegengesetzte Richtung, aber nicht viel“, sagte der Ministeriumsvertreter. Mit „sehr, sehr festem“ Widerstand der Ukrainer seien die russischen Truppen weiterhin im schwer umkämpften Charkiw im Osten der Ukraine konfrontiert, sagte er weiter.
Das Pentagon geht von Geländegewinnen der ukrainischen Armee vor Kiew aus. © Andrew Marienko/dpaDort stünden die russischen Streitkräfte noch 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Dem Pentagon-Vertreter zufolge konzentriert die russische Armee sich inzwischen verstärkt auf die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk. Demnach verfolgt das russische Militär offenbar die Strategie, die entlang der früheren Frontlinie in der Ostukraine stationierten ukrainischen Streitkräfte zu „binden“, damit sie „nicht anderswo eingesetzt werden können“.
Ukraine-Krieg: Russlands Armee in miserablem Zustand - Streitkräfte gehen aufeinander losUpdate vom Mittwoch, 23.03.2022, 17:00 Uhr: Vonseiten der Ukraine wurde ein angeblich abgefangenes Telefonat veröffentlicht, das die katastrophalen Zustände der russischen Armee an der Kriegsfront beweisen soll. Zwei angebliche Soldaten aus Russland unterhalten sich darin über den Krieg in der Ukraine - und schildern sich gegenseitig die miserable Lage, in der sich Russlands Armee befinden soll. Über das angebliche Telefonat berichten zahlreiche Medien, darunter der Nachrichtensender CNN und das Portal Daily Beast. Die Echtheit lässt sich derzeit nicht überprüfen.
„Nicht mal in Tschetschenien war es so schlimm“, ist einer der mutmaßlichen Soldaten zu hören. Die Verteidiger aus der Ukraine würden die Verbände der russischen Armee „auseinanderreißen“. Mehr als die Hälfte seiner Einheit leide unter Frostbeulen an den Füßen. „Aber die werden noch nicht mal ins Krankenhaus gebracht“, so der Soldat.
Der Bericht eines ukrainischen Journalisten namens Roman Tsymbaliuk zeichnet ein ähnliches Bild der Front im Ukraine-Krieg. Laut Tsymbaliuk sei eine russische Einheit nahe Kiew in einen Hinterhalt geraten und mehr als die Hälfte der Soldaten in Feuergefechten gefallen. Einer der Soldaten soll „den Kommandeur beschuldigt“ haben, schreibt der Journalist auf Facebook. Der Soldat soll daraufhin „auf den richtigen Zeitpunkt in der Schlacht gewartet haben und mit seinem Panzer über den Kommandeur gefahren“ sein. Bei dem Kommandeur soll es sich um einen „Oberst Medvedev“ handeln. Laut Daily Beast lässt auch diese Geschichte sich nicht verifizieren, es sei aber bestätigt, dass ein „Oberst Medvedev“ im Kampf verwundet wurde.
Ein zerstörter Panzer der russischen Armee vor Kiew. Russland muss im Ukraine-Krieg immer größere Verluste in Kauf nehmen. © afp Ukraine-Krieg: Russland plagen Nachschub-Probleme - Invasion kommt zum ErliegenErstmeldung: Kiew/Moskau â€" Die russische Armee kämpft im Ukraine-Krieg mit unerwarteten Problemen. Während zu Beginn des Einmarsches am 24. Februar 2022 die meisten Fachleute noch davon ausgegangen waren, dass Russland einen leichten Sieg über die Ukraine erringen würde, stellt sich die Situation nun ganz anders dar.
Doch warum ist das so? Zum einen hat sich der russische Präsident Wladimir Putin offenbar verkalkuliert und den Widerstand der ukrainischen Kämpfer unterschätzt. Zudem hat die russische Armee zunehmend damit zu kämpfen, ihre Soldaten ausreichend mit Lebensmitteln und Benzin zu versorgen. So kommt es immer wieder vor, dass die russische Armee ihre Fahrzeuge ohne Treibstoff liegenlassen muss.
Ukraine-Krieg: Russland muss Versorgungswege verteidigenHier zeigt sich der Nachteil der militärischen Strategie, die Russland im Ukraine-Konflikt gewählt hat. Die Armeeführung Russlands setzt auf kleine Kampfeinheiten, die schnell vorstoßen können. Allerdings sind diese Gruppen für den Angriff gedacht und nicht dafür, ihren Nachschub zu sichern. So sind die Ukrainer immer wieder in der Lage, ihrerseits die russischen Versorgungskonvois zu attackieren. Russland ist deshalb gezwungen, zahlreiche Soldaten nur dafür einzusetzen, die eignen Versorgungswege zu verteidigen. Die Offensive gerät somit immer mehr ins Stocken.
Als Beispiel sei ein Einsatz der russischen Kommandos in der Nähe von Kiew genannt. Den ganzen März hindurch war das russische Militär dort unterwegs und versuchte, östlich der Hauptstadt Fuß zu fassen. Da es den russischen Streitkräften nicht gelang, die Stadt Sumy vollständig zu erobern oder die Kontrolle über Landstriche im Nordosten der Ukraine zu übernehmen, mussten die russischen Streitkräfte die lange Kommunikationslinie zwischen Russland und Kiew sichern. Der einzige Weg für die russischen Streitkräfte in der Nähe von Sumy nach Kiew verläuft fast 300 Kilometer entlang der Autobahn H07 in den Wäldern, wo ihre Konvois extrem anfällig für mobile Panzerabwehreinheiten der Ukraine sind.
Ukraine-Krieg: Russisches Kommando gerät in einen HinterhaltWie die ukrainische Onlinezeitung Kyiv Independent berichtet, stürmte eines Morgens eine Truppe von mindestens fünf russischen BMP-2-Infanterie-Gefechtsfahrzeugen („Bojewaja Maschina Pechoty 2“) und einem T-90-Panzer nach Osten in Richtung Rusaniv, um zu versuchen, eine Brücke über den Fluss Trubisch auf der Straße H07 zu erobern. Die Offensive war zum Scheitern verurteilt. Ukrainische Truppen lauerten im Wald neben der Straße. Der überfallene T-90-Panzer brannte nur 100 Meter von der Brücke entfernt ab. Mindestens zwei weitere BMPs versuchten, dem Hinterhalt zu entkommen und wichen von der Straße auf die Wiesen näher am Flussufer aus. Sie hatten keine Chance.
Auffällig war, dass die bei Rusaniv getöteten Infanteristen wenig Wert auf ihre mitgeführten Lebensmittel gelegt hatten. Ihre Rationen waren jedenfalls weitgehend unversehrt. Stattdessen führten sie einen großen Vorrat an in Russland hergestellten Snacks sowie billige Fischkonserven aus ukrainischen Supermärkten mit sich. Das könnte einen einfachen Grund haben. Viele russische Kriegsgefangene habe nach Angaben der Kyiv Independent ausgesagt, dass die ihnen zugewiesenen MRE-Kits („Mahlzeiten zum Verzehr“) längst abgelaufen waren.
Ukraine-Krieg: Russland leidet unter NachschubproblemenBisher hat der ukrainische Widerstand den Invasoren aus Russland im Verlauf des Kriegs schwere Verluste zugefügt. Offiziellen ukrainischen Schätzungen zufolge haben die russischen Streitkräfte zwischen dem 24. Februar und dem 21. März etwa 15.000 Mann verloren, mehr als in den beiden mehrjährigen russischen Kriegen in Tschetschenien zusammen. Der US-Geheimdienst schätzt die russischen Opfer in der Ukraine etwas konservativer auf 7000.
Wie könnte es angesichts solcher Verlustzahlen nun weitergehen? Sollten sich die Nachschubprobleme der russischen Armee in den kommenden Kriegstagen weiter zuspitzen, dürfte der russische Vormarsch zusehends schwieriger werden. Das könnte die Chance auf Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland erhöhen. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass Wladimir Putin in einem solchen Fall die Bomben- und Raketenangriffe weiter intensivieren wird. Auch der Einsatz von Chemie- oder Biowaffen scheint denkbar. (cs) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
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